Mit einfachen Mitteln gute Medizin machen

Klinikverbund unterstützt seit vielen Jahren Krankenhaus in Tansania

aus dem Klinik Quartett Juli 2014

Aus Partnern sind inzwischen Freunde geworden: Seit vielen Jahren besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den Hospitälern des Klinikverbundes und dem Krankenhaus in Litembo, das im Südwesten Tansanias in der Diözese Mbinga liegt und rund 400.000 Menschen versorgt. Regelmäßig wird deutsches Equipment in das afrikanische Land verschifft, und ebenso regelmäßig brechen Ärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter des technischen Dienstes aus dem Klinikverbund nach Tansania auf, um die Kollegen vor Ort mit der Medizintechnik  und modernen Behandlungsverfahren vertraut zu machen. Im März bzw. April reisten dann Dr. Werner Jax, ehemaliger Chefarzt der Inneren Abteilung im Marien-Hospital, Monika Dammer, stellvertretende Pflegedirektorin im St. Elisabeth-Krankenhaus, und Andreas Heidinger, technischer Leiter im Marien-Hospital, nach Tansania. Bereits zuvor hielt sich Dr. Markus Reidt, Chefarzt der Klinik für Anästhesie im St. Sixtus-Hospital, zwei Wochen in Litembo auf. Wir sprachen mit ihm über seine Eindrücke.

Herr Dr. Reidt: Vor sieben Jahren sind Sie zum ersten Mal nach Litembo gefahren. Was hatten Sie sich damals vorgenommen? Und was war das Ziel ihres aktuellen Besuchs?

Reidt: Bei meinem ersten Aufenthalt ging es vor allem um zwei Dinge: Wir wollten die Anästhesie mit Sauerstoff einführen und ein Konzept zur postoperativen Überwachung und Schmerztherapie erarbeiten. Kurz zum Hintergrund: Bei einer Vollnarkose ist die Gabe von Sauerstoff wichtig, denn wenn das Blut nicht ausreichend damit gesättigt ist, kann dies zu bleibenden Schädigungen des Gehirns führen. Im Krankenhaus von Litembo war es außerdem damals noch nicht üblich, dass man die Patienten nach einer Operation überwachte und ihnen Medikamente gegen die Schmerzen gab. Bei meinem jetzigen Besuch wollte ich wissen, ob die damals eingeführten Konzepte noch angewandt werden und an welchen Stellen man noch etwas verbessern kann.

Wie waren Ihre Eindrücke: Werden die vor einigen Jahren erarbeiteten Neuerungen im Krankenhaus von Litembo immer noch umgesetzt?

Reidt: Erfreulicherweise hat sich einiges sogar weiter verbessert, beispielsweise die Narkose mit Sauerstoff. Als wir damals damit anfingen, mussten die Sauerstoffflaschen noch von sehr weit her besorgt werden. Jetzt gibt es im Krankenhaus einen eigenen Sauerstoff-Konzentrator, so dass dieses Narkoseverfahren inzwischen Routine geworden ist. Auch der Anteil der Regionalanästhesien ist deutlich gestiegen. Etwas anders sieht es bei der Schmerztherapie aus. Der Wille, dieses Konzept umzusetzen, ist da. Aber es fehlt ganz einfach auf dem Markt in Tansania an den entsprechenden Medikamenten.

Gibt es neue Projekte, die in absehbarer Zeit umgesetzt werden?

Reidt: Zurzeit denken wir über ein neues Anästhesiegerät nach. Die importierte Technik aus Deutschland ist viel zu kompliziert, und es gibt im Krankenhaus von Litembo keine Anästhesisten, sondern nur angelernte Kräfte. Hier könnte ein einfach zu bedienendes Gerät zu größerer Sicherheit führen. Es gibt Narkosegeräte, die speziell für Länder der Dritten Welt entwickelt wurden. Daher werden wir Gespräche mit den entsprechenden Herstellern führen.

Außerdem haben die Kollegen, die im April in Litembo waren, ein mobiles Ultraschallgerät mitgenommen. Diese Anschaffung haben viele Spender möglich gemacht, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Das mobile Gerät wird vor allem der Mediziner für Frauenheilkunde und Geburtshilfe diagnostisch nutzen, wenn er regelmäßig die 25 Gesundheitsstationen der Diözese aufsucht. Sie decken eine Erstversorgung der Menschen ab. Denn für viele Menschen ist der Weg in das Krankenhaus einfach zu weit oder sie sind zu krank, um es zu erreichen. In den Gesundheitsstationen arbeiten allerdings keine ausgebildeten Mediziner. Deshalb fährt der Gynäkologe des Krankenhauses alle Einrichtungen zwei Mal im Jahr ab, um die Frauen vor Ort zu untersuchen. Das mobile Ultraschallgerät wird ihm wichtige diagnostische Hilfe leisten – etwa wenn Patientinnen Zysten oder Tumoren haben, die unbedingt operativ im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Sie engagieren sich sehr für das Krankenhaus in Litembo. Was ist Ihre Motivation?

Ich sehe es immer als eine Bereicherung an, eine andere Kultur kennenzulernen. Und ich bin fasziniert von der afrikanischen Kultur, vor allem von ihrem Lebensrhythmus und der Gelassenheit der Menschen. Die Tansanier ruhen in sich – trotz der oft sehr schwierigen Lebensumstände. Das ist ein Gegenentwurf zu unserem hektischen Alltag. Zum anderen bin ich immer wieder beeindruckt, wie man mit einfachen Mitteln eine gute Medizin praktizieren kann. Und ich stelle gerne mein Wissen und meine Erfahrung zur Verfügung, um  die Versorgung der Menschen vor Ort zu verbessern. Die Menschen in Litembo geben mir eine große Dankbarkeit zurück. Ich reise jedenfalls jedes Mal als Beschenkter wieder nach Deutschland.