Hilfe zur Selbsthilfe klappt

25.04.2013

Mitarbeiter aus den Kliniken des KKRN-Verbundes unterstützen vor Ort Partnerkrankenhaus Litembo

Vor zehn Jahren begann die Partnerschaft zwischen dem Marien-Hospital Marl und dem Litembo-Hospital in Tansania. Bei einer Rundreise durch Tansania erfuhr Dr. Werner Jax, ehemaliger Chefarzt der Inneren Medizin, von den Schwierigkeiten des afrikanischen Krankenhauses und versprach spontan Hilfe. Inzwischen ist der Wunsch, das Litembo-Hospital zu unterstützen, nicht mehr länger nur ein Anliegen des Marler Krankenhauses, sondern im gesamten Krankenhausverbund KKRN fest verankert. Und aus dem einstigen „Sorgenkind“ ist eine Klinik geworden, die von immer mehr Menschen der Region wegen ihres guten Rufes aufgesucht wird und inzwischen wieder schwarze Zahlen schreibt.

„Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet die Philosophie der deutsch-tansanischen Kooperation. Und damit sie gelingt, kommen regelmäßig Ärzte aus dem afrikanischen Hospital in die Partnerkrankenhäuser in Marl, Dorsten, Haltern und Herten-Westerholt. Sie bilden sich hier fort und erweitern ihre fachliche Kompetenz. Zugleich reisen immer wieder Mediziner, Pflegekräfte und Techniker aus dem Krankenhausverbund nach Litembo, um ihre tansanischen Kollegen im Umgang mit gespendeten medizinischen Geräten aus Deutschland zu schulen.

So nahmen auch an der jüngsten Reise Anfang dieses Jahres verschiedene Spezialisten teil. Neben Dr. Werner Jax waren das Andreas Heidinger, Technischer Leiter im Marien-Hospital, Kadriye Yildiz, Assistenzärztin in der Unfallchirurgie des Marler Krankenhauses, Heide Rüffler, OP-Schwester aus dem Gertrudis-Hospital Herten-Westerholt, sowie Dr. Norbert Weyres aus dem Vorstand der Tansania-Hilfe Litembo. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres konnte man dank der finanziellen Unterstützung des Rotary Clubs Recklinghausen-Haard drei Container mit medizinischem Gerät nach Tansania verschiffen. Sie enthielten unter anderem eine Zahnbehandlungseinheit, hochwertige Mikroskope für die operative Behandlung von Augenerkrankungen und eine intraoperative Röntgenanlage, mit der man die Versorgung von Knochenbrüchen verbessern will.

„Es gibt viele Frakturen, die man bislang vor Ort nicht adäquat versorgen konnte“, erzählt Chirurgin Kadriye Yildiz. Ihre Aufgabe war es, mit Unterstützung von Heide Rüffler das afrikanische OP-Team im Umgang mit dem Röntgen während der Operation vertraut zu machen. „Dadurch kann man bereits im Verlauf des Eingriffs gut überprüfen, ob zum Beispiel die eingesetzten Platten oder Schrauben richtig sitzen. Das sorgt insgesamt für bessere Ergebnisse der Frakturversorgung und verringert die Komplikationen" erklärt die Medizinerin.

Ein großes Problem in Litembo ist nach wie vor die Hygiene. Hier fehlt es oft an den einfachsten Voraussetzungen, um das Infektionsrisiko zu senken. Techniker Andreas Heidinger installierte deshalb nicht nur neue Wasserhähne, sondern brachte vor allem Desinfektionsmittelspender im Krankenhaus an.

Künftig wird in Litembo auch ein „fahrbarer Quantensprung“ zum Einsatz kommen. Dank der Sternsinger-Spenden wird demnächst ein geländegängiger Krankenwagen nach Tansania gebracht. Und der ist dringend notwendig: Denn das Krankenhaus in Litembo ist für die stationäre Behandlung von 400.000 Menschen zuständig und hat ein Einzugsgebiet, dessen Fläche einem Drittel der Größe Nordrhein-Westfalens entspricht. Wie wichtig ein solches mobiles Hilfsmittel in der Versorgung der Patienten ist, erfuhr das Team aus Marl und Herten-Westerholt selbst hautnah. Im Krankenhaus lag bereits seit drei Wochen ein etwa 16-jähriger Junge mit einem offenen Bruch, der sich inzwischen entzündet hatte. Der Junge hätte dringend in ein Spezialkrankenhaus verlegt werden müssen. Doch dafür stand keine Transportmöglichkeit zur Verfügung. „Wir konnten zwar das Leben des Jungen retten, aber leider nicht mehr sein Bein“, bedauert Kadriye Yildiz.

Die Reise nach Tansania wird sicher nicht die letzte sein, die der KKRN-Krankenhausverbund unternimmt. Andreas Heidinger, Kadriye Yildiz und Heide Rüffler ständen dafür jedenfalls bereit, „denn es war eine tolle Erfahrung zu sehen, wie man mit einfachen Mitteln und viel Improvisation gute Medizin machen kann“, sagt Heide Rüffler. Dr. Werner Jax, auf dessen Engagement die Kooperation zurückgeht, blickt optimistisch in die Zukunft des afrikanischen Krankenhauses: „Als wir mit diesem Projekt vor zehn Jahren begannen, war ich anfangs schon ein bisschen skeptisch. Doch jetzt steht die Klinik fast auf eigenen wirtschaftlichen Füßen. Das war lange Zeit fraglich.“ Trotzdem hat das Krankenhaus in Litembo noch ehrgeizige Ziele. Dr. Werner Jax: „Dort soll ein Facharztzentrum entstehen. Einen Arzt für Gynäkologie gibt es bereits. Ein weiterer Mediziner befindet sich in der Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie. Und man hofft, demnächst auch einen Facharzt für Innere Medizin einzustellen.“