Gelebte Partnerschaft

8. April 2010

Mitarbeiter aus dem Marien-Hospital helfen beim Aufbau eines Krankenhauses in Tansania

Jeder kennt wohl das Phänomen: Wirft man einen Stein ins Wasser, dann zieht er in Windeseile immer größere Kreise. Dieses Bild trifft auch auf die rasch gewachsene Partnerschaft zwischen dem Marien-Hospital und seinem Partnerkrankenhaus in Litembo (Tansania) zu. Den Stein ins Rollen brachte eine Reise, die Dr. Werner Jax, ehemaliger Chefarzt der Inneren Abteilung im Marien-Hospital, nach Tansania führte. Dort erfuhr er vom Bischof der Diözese Mbinga, dass dem Krankenhaus in Litembo der Kollaps drohe, wenn nicht rasch ein Konzept zur Rettung gefunden würde. Schnell war der Träger des Marien-Hospitals zu einer Partnerschaft mit dem afrikanischen Krankenhaus bereit. Der Grundgedanke dabei: „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist die beste Medizin. Mehrere Container mit medizinischen Geräten wurden inzwischen nach Tansania verschifft. Und immer wieder brechen Ärzte und Pflegekräfte aus Marl auf, um die Mitarbeiter in dem afrikanischen Land im Umgang mit der Medizintechnik aus Deutschland zu schulen.

Im Februar gehörten zum Team um Dr. Werner Jax auch Monika Dammer, Leiterin der interdisziplinären Intensivstation im Marler Krankenhaus, und Dr. Silke Zey, Oberärztin der Urologie am Marien-Hospital. Die Urologie ist ein Fachgebiet, das in Tansania, freundlich formuliert, ein Schattendasein führt. Eine Zahl macht das deutlich: „Es gibt in ganz Tansania mit seinen 40 Millionen Einwohnern nur acht Urologen“, erzählt Jax von den medizinischen Verhältnissen, die in unseren Ohren unglaublich klingen. Dabei sind urologische Krankheitsbilder, wie zum Beispiel die gutartige Prostatavergrößerung und die damit einhergehenden Probleme beim Wasserlassen, auch in Tansania weit verbreitet. Die Aufgabe von Dr. Silke Zey war es daher, das medizinische Team in Litembo bei urologischen Operationen anzuleiten – vor allem bei der Entfernung der Prostata. Außerdem machte sie die Ärzte mit der Blasenspiegelung vertraut. Mit im Reisegepäck hatte sie dazu zwei nagelneue Geräte im Wert von 50.000 Euro, die die Firma Olympus gespendet hatte.

Gab es für sie als Frau Schwierigkeiten bei der Anleitung ihrer männlichen Kollegen oder bei der Untersuchung ihrer Patienten? „Nein, überhaupt nicht. Das gesamte Team hat mich herzlich aufgenommen, und die Patienten waren sehr dankbar. Ich glaube, ganz entscheidend ist, dass wir nicht mit der Tür ins Haus fallen und meinen, unseren Standard bis ins Einzelne exportieren zu müssen. Ich habe mir deshalb erst einmal angeschaut, wie die Chirurgen operieren und mit welchen Mitteln. Es ist ja nicht so, dass die afrikanischen Kollegen ihr Handwerk nicht beherrschen, im Gegenteil. Aber oft fehlt es an der technischen Ausrüstung oder an Medikamenten und manchmal auch am mangelnden Wissen über die Wichtigkeit von Hygiene“, erzählt Zey.

Das kann Monika Dammer bestätigen. Sie war bereits zum zweiten Mal in Litembo. „Fehlende Hygiene ist sicher immer noch ein Problem. Aber meine Erfahrung zeigt, dass die Mitarbeiter im Krankenhaus außerordentlich lern- und wissbegierig sind und sehr schnell auch das umsetzen, was sie für sinnvoll erachten.“ Besonders schön war für die Fachkrankenschwester die Erkenntnis, dass der Ansatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ nachhaltig trägt. „Bei unserem letzten Aufenthalt haben wir die Anästhesie mit Sauerstoff und ein Konzept zur postoperativen Überwachung eingeführt. Zuvor war es dort nämlich nicht üblich, dass man die Patienten nach einer Operation überwachte und ihnen Medikamente gegen die Schmerzen gab. Diese Praxis, nach dem Eingriff Schmerzmittel zu verabreichen, wird nach wie vor beherzigt. Und mich hat außerdem gefreut, dass das gesamte OP-Personal jetzt sehr viel sensibler mit den Patienten umgeht und sie auch so lange betreut, bis sie richtig wach sind.“

Klar, dass bei all den positiven Erfahrungen sowohl Monika Dammer als auch Dr. Silke Zey jederzeit wieder nach Tansania aufbrechen würden. „Es macht einfach Freude, wenn man helfen kann und etwas bewegt“, sagen beide übereinstimmend. Und auch Dr. Werner Jax schmiedet schon die nächsten Pläne: Er möchte Menschen behandeln, die an einem akuten Nierenversagen – zum Beispiel verursacht durch Malaria – zu sterben drohen. „Viele dieser Todesfälle könnte man mit einer einfachen Bauchfelldialyse verhindern“, sagt er.